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Regional?-Genial!

» Zu Gast bei einem der letzten Kammmacher in Deutschland «

20. Januar 2023 | Regional?-Genial!|0|

Es ist eine schockierende Zahl: Etwa das Gewicht einer Kreditkarte, also circa 5 Gramm Plastik, laden im Schnitt pro Kopf und Woche durchschnittlich im Magen-Darm-Trakt jedes Menschen. Diese winzigen Partikel verunreinigen aber nicht nur unsere Blutbahnen und Mägen, sondern unsere komplette Umwelt. Dass unsere Erde ein Plastikproblem hat, ist nicht neu und so wurden in den letzten Jahren an vielen Stellen Alternativen geschaffen. Eine Familie, die schon seit Generationen erkannt hat, dass die Verarbeitung von natürlichen Materialien aus der Region etliche Vorzüge hat, ist Familie Kost aus Windelsbach: Sie fertigen in ihrem Handwerksbetrieb schon seit vielen Jahren Kämme aus reinen Naturmaterialen und haben sich den respektvollen Umgang mit der Umwelt als Firmenphilosophie auf die Fahne geschrieben. In ihren Produkten und in ihrem neu gebauten Firmengebäude vereinen sie Funktionalität, Nachhaltigkeit und gestalterische Schönheit. Wir haben ihnen einen Besuch abgestattet und hinter die Kulissen der schönen Holzfassade geblickt. 

Kämme von Kost KammAngefangen hat die Erfolgsgeschichte der Familie bereits Mitte des 19. Jahrhunderts, im Jahr 1848, als der Ururgroßvater von Martin Kost mit der Herstellung langlebiger Kämme aus verschiedensten Materialien wie Horn, Holz oder Schildplatt begann. Aufgegriffen hat sein Handwerk wiederum der Großvater von Martin, der schon zu seiner Zeit der letzte Kammmacher-Meister in Deutschland war, denn damals kamen, neben den natürlichen Materialien, neuartige Werkstoffe wie beispielweise Kunststoff auf, mit denen die Arbeit schneller und kostengünstiger erledigt werden konnte. Deshalb wurden zunächst die alten Kammschneidemaschinen in den Keller verbannt und neue Kunststoffspritzmaschinen für seine Firma angeschafft. Aber schon früh wuchs beim Opa die Skepsis des neuen Materials gegenüber: Nachdem ihm auffiel, dass sich die Haare beim Kämmen statisch aufladen, gab er ein Gutachten in Auftrag, um seine Beobachtungen wissenschaftlich zu untermauern. In diesem Gutachten wurde schließlich festgestellt, dass es bei Plastikkämmen zu einer elektrostatischen Aufladung von 60.000 V/m kommt. Einer Aufladung, die dem Stand unter einer Hochspannungsleitung gleicht und insbesondere bei elektrosensiblen Menschen, Auswirkungen auf dem menschlichen Organismus haben kann. Im Gegensatz dazu standen Holzkämme, bei denen keine elektrostatische Aufladung nachgewiesen werden konnte und Hornkämme, deren Aufladung sehr gering war. Infolgedessen holte der Großvater die alten Maschinen wieder aus dem Keller und stellte Holzkämme aus heimischen Hölzern her. Die Kunden waren aber erst nach der Umstellung auf exotische Hölzer wie Ebenholz Sandelholz oder Palisander, die zur damaligen Zeit noch nicht den schlechten Ruf wie heutzutage hatten, so richtig begeistert.

Martin Kost beim schleifen

Martin Kost erlernte das Handwerk von seinem Großvater zunächst neben seinem Elektrotechnik-Studium. Er hatte aber schon immer den Wunsch, einmal die Familientradition fortzuführen, unabhängig davon ob das Kämme herstellen ein ganzes Unternehmen tragen würde. In den 80er-Jahren erkannte seine Mutter das Naturholzkämme nach dem Aufkommen der Ökologiebewegung wegen der Katastrophe von Tschernobyl immer beliebter wurden. Die Menschen wollten bewusster leben und konsumieren und so wurde der Markt für lokale und nachhaltige Produkte immer größer.

Das Unternehmen beschäftigt heute 12 Mitarbeiter und auch das Sortiment wurde über die Jahre immer umfangreicher und umfasst mittlerweile 60 verschiedene Kämme und circa 400 weitere Artikel, deren Herstellung natürlich einen gewissen Platz benötigt. So kaufte die aus Nürnberg stammende Familie Kost vor 27 Jahren einen alten Bauernhof in der Gemeinde Windelsbach, und gründete dort ihre neue Lebens- und Wirkungsstätte. Im Jahr 2018 erbauten sie schließlich das heutige preisgekrönte Firmengebäude, das mithilfe eines befreundeten Architekten geplant wurde: Ein langgezogener Bau mit einer modernen Holzfassade und Panoramafenstern, der sich aufgrund seiner klaren Formensprache und den naturbelassen Holzbaustoffen perfekt in die ländliche die Umgebung einfügt, aber trotzdem als Produktionsstätte zu erkennen gibt. Dort haben die gesamte Logistik, das Büro und ein integriertes Ladengeschäft namens »Kostbar« ihren Sitz. Auch im Inneren ist fast ausschließlich der Werkstoff Holz zu finden und schafft eine einmalige und gemütliche Atmosphäre, so dass sich Besucher sofort wohl fühlen, wenn sie durch die Eingangstüre treten. Im Laden gibt es Kämme in allen erdenkbaren Formen und Ausprägungen, die in der Werkstatt hinter dem Gebäude gefertigt werden.

Holzlager bei Kamm Kost Dort beginnt die Herstellung immer mit lange abgelagertem, heimischem Obst- oder Hartholz, dass in Stücke gesägt wird und aus dem anschließend ein Kammrohling gefertigt wird. Dieser wird dann in eine Schneidemaschine eingespannt, die anschließend die einzelnen Zähne in grober Form herausarbeitet. Kommt der Kamm aus der Maschine, sind alle Zähne oben und unten gleich dick. Um die endgültige Form zu erreichen, bei der die Zähne eine konische Form haben, ist noch echte Handarbeit nötig. Hierfür muss Martin mit Profilscheiben, die so gerillt sind, wie der Kamm später aussehen soll, die Zahnspitze, den Zahnzwischenraum und den Zahngrund so lange bearbeiten und schleifen, bis er glatt ist und eine konische Form hat. Hier ist viel Erfahrung, Wissen über die Eigenschaften der unterschiedlichen Hölzer und Fingerspitzengefühl gefragt, denn sobald ein Grat zurückbleibt, können die Haare beschäftigt oder herausgerissen werden. Im Jahr werden circa 50.000 Stück hergestellt und in alle Welt geliefert. Kunden sind vor allem Unverpacktläden, Bioläden, Drogerien und spezielle Frisöre. Wer für sich den idealen Kamm sucht, ist im Laden der Familie perfekt aufgehoben, denn hier erfahren die Kunden in einer großartigen Beratung, welcher Kamm hinsichtlich des Spitzenabstands, der Spitzenlänge sowie der Griffform für ihr Haar am besten geeignet ist. Neben Kämmen bieten Anja und Martin in ihrem Laden natürliche Bürsten aus zum Beispiel Wildschweinborsten an, die von einer Manufaktur im Schwarzwald gefertigt werden. Die Borsten weisen eine ähnliche Struktur wie das menschliche Haar auf und sind deswegen in der Lage, überschüssigen Talg der Haarzellen aufzunehmen und beim Bürsten gleichmäßig in die Spitzen zu verteilen.

Neben Haarbürsten findet der Besucher weitere Bürsten für die verschiedensten Aufgaben: Topfbürsten, Pilz- oder Gemüsebürsten, Zahnbürsten, Rasierpinsel, Nagelbürsten und vieles mehr gehören zum Portfolio des Ladens. Dazu kommt, farblich perfekt zusammengestellt auf dekorierten Tischen, eine breite Produktpalette rund um die Körperpflege, wie Massageöle, Seifenblöcke, Rasierseifen oder Rasierer. Auch für den Haushalt findet man allerhand schöne Dinge wie Spül- und Handtücher aus Naturmaterialen, gehäkelte Einkaufstaschen oder ein festes Spülmitte. Wellness und Dekorationsartikel für das gemütliche Zuhause wie Wolldecken, Handtücher, Kissen, Laternen, Postkarten und Bilder runden das breitgefächerte Angebot ab. Wer ein Geschenk sucht oder einmalige, meist regionale Produkte ohne Plastikeinsatz sucht, wird hier garantiert fündig.

Die Liebe zum Detail in Farb- und Formgebung der Produkte und des Gebäudes kommt von Anja, die Blumenkunst und Gestaltung studiert hat und einen Sinn für Optik und Design hat. Die besondere Kombination aus Nachhaltigkeit und Ästhetik machen Kost Kamm zu einer echten Bereicherung für die Gemeinde Windelsbach und unsere schöne Region.

Wir waren bei unserem Besuch restlos begeistert und empfehlen dir dem Ladengeschäft »Kostbar« unbedingt einen Besuch abzustatten!

Julia & Sandra

 

 

 

Öffnungszeiten

Das Ladengeschäft ist Montag bis Freitag von 8:00 Uhr bis 15:00 Uhr geöffnet

Kontakt

Kost Kamm 
Inhaber Martin Kost
Rothenburger Straße 7 
91635 Windelsbach
Telefonnummer:

Impressionen

Deko im Laden

Kämme im Ladengeschäft

Kreatives Vogelfutter

Schneidemaschine