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» Sonderausstellung im Fränkischen Museum in Feuchtwangen «

27. Oktober 2023 | Kultur|0|

»Wenn die Flüsse aufwärts fließen und die Hasen Jäger schießen und die Mäuse Katzen fressen, dann erst will ich dich vergessen!« Erinnerst du dich noch an solche lustigen Sprüche, die du entweder früher selber ins Poesiealbum geschrieben oder vielleicht schon in einem Album deiner Eltern oder Großeltern gelesen hast? Neben diesen Zitaten, die meist in Form von Reimen oder Versen eingetragen wurden, dekorierten außerdem liebevolle Zeichnungen oder die damals beliebten Glanzbilder - glitzernden bunten Papierbildchen mit Blumen- oder Tierenmotiven, Engeln oder Weihnachtsmännern- die Alben. Ihre Poesiealben dienen vielen Menschen bis heute als wichtige Erinnerung an liebe Freunde, mit denen sie ihren Lebensweg geteilt haben und stehen oft für unbeschwerte Kindheitstage. Durch die persönliche Beziehung des Eigentümer des Albums und dem Eintragenden wurde das Poesiealbum außerdem zum Dokument einer persönlichen Beziehung und sogar einer Freundschaft. In der Sonderausstellung »Feste und Freundschaften« präsentiert das Fränkischen Museum Feuchtwangen noch im Dezember und im März Interessierten eine große und interessante Auswahl an Poesiealben unterschiedlichsten Alters, Glanzbildern, mit dem Fokus auf jüdischen Motiven, und Glanzbilder von jüdischen Herstellern. 

Glanzbild mit ClownsGlanzbilder sind unter vielen verschiedenen Namen bekannt: Oblaten, Poesiebilder, Rosenbilder, Lebkuchenbilder, Vielliebchen, Albumbilder oder Reliefbilder und sie alle lassen seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Kinder- oder Sammlerherzen höher schlagen. Durch die Industrialisierung und die Erfindung der Chromolithographie wurde es möglich, Farbbilder günstig, in guter Farbqualität sowie in großen Mengen zu produzieren. Durch den Druck und die Kombination, wie das Papier geprägt und gestanzt hat, erhielt das Glanzbild einen 3D Effekt, der die Menschen in der damaligen Zeit unglaublich begeisterte und ihm so zu seiner Popularität verhalf. Deutschland und insbesondere seine Hauptstadt Berlin, entwickelte sich damals mit 150 Luxuspapier-Fabriken zur weltweiten Hochburg der Glanzbildproduktion und so wurden von dort aus die Bilder in die ganze Welt exportiert. Bald schmückten und verzierten sie viele Dinge wie Poesiealben, Briefe, Postkarten, Urkunden, Weihnachtsbäume oder Lebkuchen. 

Sonderausstellung Feste und FreundschaftOblatenbilder mit Motiven von jüdischen Festen und dem jüdischen Lebensweg sind dagegen seltener und weniger bekannt, da sie auf das jüdische Zielpublikum zugeschnitten waren. Dank einer Schenkung von Herrn Professor Peter Kuhn im Jahr 2022 besitzt das Fränkische Museum Feuchtwangen eine einmalige Sammlung jüdischer Glanzbilder, auf der der Fokus dieser Sonderausstellung liegt: »Unser Museum ist ein Museum der Alltagsgeschichte der Stadt und der Region. Wir haben diese Sammlung geschenkt bekommen, weil wir hier in Feuchtwangen eine lange jüdische Geschichte haben und weil der Sammler, Herr Professor Peter Kuhn, gesagt hat, dass das Fränkische Museum genau das richtige Museum ist, weil wir uns eben mit dieser Alltagsgeschichte beschäftigen. Wie haben Menschen gelebt?  Wie haben sie gefeiert? Das sind Fragen, denen wir in unserem Museum nachgehen. Und das zeigen eben diese Glanzbilder, die für ein breites Publikum gemacht wurden und die Lebensweise von vielen Menschen darstellt «, erläutert Museumsleiterin und Kuratorin Dr. Uta Karrer. »Wir versuchen, verschiedene Zugänge zur Geschichte der Region zu geben, sowohl zur Vergangenheit, als auch zur Gegenwart und zur Zukunft. Wir sind mit den Menschen im Dialog, versuchen uns austauschen und auch immer wieder neue Zugänge zu eröffnen. Auch hier bieten wir verschiedene Zugänge: Einmal sind es die Beziehungen zwischen Menschen, die sich durch die Ausstellung ziehen und zwar sowohl in den Festen, die hier sichtbar gemacht werden, wie auch in Freundschaften, die in den Poesiealben festgehalten sind. Und das Ganze verbinden eben die Glanzbilder, « ergänzt sie außerdem. 

Sonderausstellung Feste und Freundschaften Auch wenn das Thema historisch ist, kommt die Ausstellung sehr zeitgemäß und wunderschön aufbereitet daher: Über 150 kleine Schaukästen, die in aufwändiger Handarbeit unter anderem von der Lebenshilfe gestaltet wurden, sind vor einer modernen, türkis gestrichen Wand auf verschiedenen Augenhöhen angebracht. Sie werden mit einem auffälligen Lichtband beleuchtet und geben so jedem Guckkasten und dem einzelnen Glanzbild seine ganz besondere, eigene Bühne. Ein Ausstellungsteil beleuchtet das Thema der verschiedenen jüdischen Feste im Jahreslauf: Mit den Bildern rund um das Neujahrsfest Roschha-Schana, dem Versöhnungtag Jom Kippur oder dem Laubhüttenfest Sukkot werden die Feste lebendig. Eine andere Wand bildet die persönlichen und religiösen Höhepunkte eines jüdischen Lebenslaufs wider und illustriert beispielsweise den ersten Synagogengang mit drei Jahren, die Tora-Ausbildung, die Bar Mizwa, die Volljährigkeit oder die Hochzeit. Eine andere Wand zeigt Glanzbilder jüdischer Hersteller des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts wie Emanuel Heller aus Wien oder Littauer & Boysen aus Berlin, die sehr bekannt für ihre Lebkuchenbilder waren. Diese Glanzbilder, auch die jüdischer Hersteller, hielten ab den 1870er Jahren auch in Feuchtwanger Poesiealben Einzug. Das Fränkische Museum bat deshalb die Bevölkerung in der Region um Unterstützung. Gesucht wurden Poesiealben, um das Thema »Freundschaft « egal, ob jüdisch oder nicht jüdisch, zu einem zentralen Punkt der Ausstellung zu machen.  Eine Vielzahl an historischen und zeitgenössischen  Alben führen über 200 Jahre Geschichte und Freundschaften vor Augen. » Damit das ganze Thema noch lebendiger wird, habe ich mit vielen Menschen gesprochen, von denen nun auch Zitate an der Wand hängen. Es ist durchaus unterschiedlich was die Leute zu dem Thema gesagt haben. Manche waren sehr positiv, andere dagegen hatten damals Angst Rechtschreibfehler zu machen oder nicht so schön zu schreiben. Unsere Ausstellung geht durch die Jahrhunderte, es gibt eine Vielzahl von Freundschaften, in den gleichen Dörfern, aber auch überregional und auch immer wieder mit einem anderen politschem Umfeld,« freut sich Dr. Uta Karrer über ihre Exponate und machte deutlich, wie sehr sie den über 60 Leihgebern für deren Unterstützung und das Teilen ihrer persönlichen Geschichten dankt. 

Zu sehen ist die Sonderausstellung » Feste und Freundschaft - Jüdische Glanzbilder und Feuchtwanger Poesiealben« noch bis einschließlich 17. Dezember 2023 im Fränkischen Museum Feuchtwangen. Geöffnet ist das Fränkische Museum von Dienstag bis Freitag jeweils von 14.00 bis 17.00 Uhr sowie am Samstag und Sonntag von 11.00 bis 17.00 Uhr. Im Januar und Februar ist die Sonderausstellung für Gruppen buchbar, ab März wieder für alle Besucher. Der Eintritt in die Sonderausstellung ist frei und auf jeden Fall einen Besuch wert!

Wir wünschen dir viel Spaß und empfehlen dir außerdem, einen Besuch vor Ort mit einem Rundgang durch die anderen Räume des Fränkischen Museums zu verbinden. 

 

Sandra & Julia 

Impressionen

Aufsteller der Sonderausstellung Feste und Freundschaft

Jüdisches Glanzbild

Poesiealbum Sonderausstellung Feste und Freundschaft

Sonderausstellung Feste und Freundschaft

Glanzbild in der Sonderausstellung Feste und Freundschaft

Poesiealben in der Sonderausstellung Feste und Freundschaft

Spruchwand in der Sonderausstellung Feste und Freundschaft

Poesiealben in der Sonderausstellung Feste und Freundschaft


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